07_1_1_07 Haus des Glockenspiels vor 1944, Sitzungssaal 1 OG nO
Die Bremen-Amerika-Bank AG (BAB) 1923-1942
 
Für die 1922 neu gegründete Bremen-Amerika-Bank, später Hausbank von Kaffee HAG, wurde 1923/1924 das Haus in der Wachtstraße 32 im Reformstil nach Plänen von Alfred Runge und Eduard Scotland umgebaut und die Häuser Böttcherstraße 4-5 (Haus des Glockenspiels) einbezogen.

Am 1. April 1920 gründete Otto Schroeder ein Bankgeschäft in der Wachtstraße 40 in Bremen in Form einer Kommanditgesellschaft, in der er persönlich haftender Gesellschafter war. Im vorhandenen Protokollbuch der Aufsichtsratssitzungen findet sich die erste Niederschrift am 28. März 1922. In der Generalversammlung vom 31. März 1922 erfolgte die Umwandlung der Bank in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien. Schroeder zeichnet noch persönlich als haftender Gesellschafter. In der Aufsichtsratssitzung vom 6. Dezember 1922 berichtet der stellvertretende Vorsitzende Bensmann, dass auf seine Veranlassung hin „der Generalkonsul Roselius Interesse an unserer K.aA. zu nehmen gedenkt.“ Am 17. September 1923 beschloss eine außerordentliche Generalversammlung die Firma in Bremen-Amerika-Bank, Kommanditgesellschaft auf Aktien, zu ändern. Mit gleichem Datum trat der seit 1910 im Roselius-Konzern tätige Direktor Wilhelm Bock (Abb. 1) als weiterer persönlich haftender Gesellschafter in das Unternehmen ein. Ludwig Roselius wurde vom Aufsichtsrat am 10. April 1923 zum Vorsitzenden gewählt. Er löste den 1922 verstorbenen Leopold Biermann ab.

Abb. 1
Wilhelm Bock, Direktor der HAG und persönlich haftender Gesellschafter der Bremen-Amerika-Bank AG, 1924-27 Vorstand, ca. 1929
Quelle
Foto: Büsing

Der Aufsichtsrat beschließt am 26. Juli 1924 das Ausscheiden von Otto Schroeder aus dem Vorstand. Er sitzt dann von September 1924 bis März 1925 noch einmal im Aufsichtsrat.

Auf der Generalversammlung vom 30. August 1924 wird die Bank in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Wilhelm Bock wird Vorstand und wechselt erst im Februar 1928 in den Aufsichtsrat. In der Aufsichtsratssitzung am 8. Dezember 1924 wird beschlossen, dass ab 1. Februar 1925 Egbertus Heikamp (Abb. 2) als weiterer Vorstand fungiert. Ludwig Roselius hatte ihn auf seinen Amerika-Reisen kennen gelernt.

Am 28. April 1923 wurden die Häuser Böttcherstraße 4/5 und Wachtstraße 32 gekauft und am 25. Februar 1924 als neuer Firmensitz bezogen. Planung und Umbau der Häuser sowie die Gestaltung der Innenräume erfolgte durch die Architekten Runge & Scotland.

Abb. 2
Egbertus Heikamp wurde 1925 in den Vorstand der BAB berufen.
Quelle
Foto: Büsing

Die Bremen-Amerika-Bank wurde praktisch zur Hausbank des Kaffee-HAG-Konzerns. In der Aufsichtsratssitzung vom 23. Dezember 1927 wird berichtet, dass Direktor Bock die Bank verlässt, um in den Vorstand der Kaffee HAG zu wechseln. Neues Mitglied im Vorstand der BAB: Bankdirektor Hans Fessler. Der Aufsichtsrat beschließt am 10. Dezember 1929 Robert E. Harcke (Abb. 3) per 1. Januar 1930 als weiteres Vorstandsmitglied zu bestellen. Scheinbar ist dies der Grund dafür, dass Fessler ab 1930 nicht mehr in der Bank tätig ist. 1932 sind im Aufsichtsrat u.a. vertreten: Ludwig Roselius (Vorsitzender), Wilhelm Bock (ab 1928), Wilhelm Stegemeyer, Dr. Wilhelm Nolting-Hauff (alle Kaffee HAG). Ab 1933 ist eine steigende Finanzierung für die Focke-Wulf Flugzeugbau AG zu bemerken. Ludwig Roselius hatte diese Firma Anfang der 20er Jahre vor dem Ruin bewahrt.

Abb. 3
Robert C. Harcke kam 1930 in den Vorstand. Er war mit einer Nicht von Ludwig Roselius verheiratet.
Quelle
Foto: Büsing

Das zwanzigste Geschäftsjahr war das letzte. Ab 1. Januar 1942 wurden die laufenden Geschäfte auf die Norddeutsche Kreditbank AG Übertragen. Die BAB wird mit der Seehandel AG verschmolzen. Direktor Heikamp leitete diese Abwicklung. Robert E. Harcke schied schon am 19. November 1941 aus. Später war er als Robert E. Harkey in den USA tätig. Ein Beispiel dafür, dass Ludwig Roselius in seinem Konzern viel für die Familie und Freunde tat, ist die Sache Harcke. Dieser heiratete am 14. September 1929 die Tochter Erika seines Bruders Friedrich und wird dann am 1. Januar 1930 Bankdirektor bei der BAB. Im Oktober 1944 zerstörten britische Brandbomben die Häuser Wachtstraße 32 und Böttcherstraße 4/5. Unversehrt blieben die im Keller befindlichen Tresorräume. In ihnen waren in den Kriegsjahren zahlreiche Sammlungsobjekte, Schriftgut und andere Dinge sicher verwahrt. Leider entstanden durch das Hochwasser im Jahre 1946 erhebliche Schäden.

Der Wiederaufbau des Hauses erwies sich als langwierig. Die bisherigen Häuser Böttcherstraße 4-5 erhielten die Hausnummer 4 und um 1946/47 die Bezeichnung „Haus des Glockenspiels“, in vergoldeten Buchstaben über dem Eingang weiterhin sichtbar. Zum 75. Geburtstag von Ludwig Roselius am 2. Juni 1949 wurde im zur Böttcherstraße gelegenen früheren Kassenraum eine Ausstellung mit Schätzen aus der Roselius-Sammlung eröffnet. Dazu erschien ein übersichtlich gestaltetes Faltblatt, gestaltet von Hildegard Roselius, der älteren Tochter von Ludwig Roselius und seiner ersten Frau Anna geb. Grote.

Text

Hans Tallasch